Das Deutschhaus

 

Geschichte

Das Deutschhaus geht auf ein altes Marienhospiz bei der Marienpfarrkirche in Sterzing zurück, das bereits im Jahre 1234 urkundlich erwähnt wurde, aber später wieder geschlossen werden musste. Am 9. Juni 1241 gründeten der Edle Hugo von Taufers und seine Gattin Adelheid, geborene Gräfin von Eppan, an der gleichen Stelle ein neues Hospiz zu Ehren des Heiligen Geistes und traten selbst in dasselbe ein. Das Hospiz sollte sich der Aufnahme und Pflege von Armen und Pilgern widmen (ad sustentationem et recreationem pauperum et peregrinorum). Bischof Egno von Brixen gab dem Hospiz Statuten auf der Grundlage der Augustinerregel und übergab ihm die 1233 erstmalig genannte Marienkirche, die heutige Pfarrkirche.

Deutschhaus Sterzing, Ansicht gegen Norden
(Foto Harald Kienzl)
Deutschhaus Sterzing, Ansicht gegen Norden

Nach dem Tode ihres Gatten beschloss Adelheid, das Hospiz dem Deutschen Orden zu übergeben, „um es vor dem Zugriff weltlicher Großer zu schützen und als Stätte tätiger Nächstenliebe zu erhalten.“ Die Schenkungsurkunde, die im Deutschordens – Zentralarchiv in Wien aufbewahrt wird, datiert vom 27. November 1254; es dauerte allerdings noch drei Jahre, bis Papst Alexander IV. am 5. November 1257 die Schenkung bestätigte.

Schenkungsurkunde vom 27. November 1254, mit welcher Gräfin Adelheid das Hospital bei der Pfarrkirche Sterzing an den Deutschen Orden übereignet.
(Deutschordenszentralarchiv Wien)
Schenkungsurkunde vom 27. November 1254

Der Deutsche Orden konnte den zum Haus gehörenden Besitz in den darauffolgenden Jahrhunderten stetig erweitern. So besaß der Orden Urbargüter in Sterzing, Stilfes, Jaufental, Ridnaun, Ratschings, Pfitsch, Pflersch, Gossensaß, Brenner, im Pustertal, bei Brixen, in Bozen, Meran, am Ritten, in Eppan, in Nals und in Tscherms. Weitere Einkommensgrundlagen waren Alm-, Weide-, Fischerei- und Jagdrechte. Auch der Gebäudekomplex selbst erfuhr bedeutende Umbauten. Im Laufe der Zeit trat allerdings die karitative Tätigkeit des Ordens mehr und mehr in den Hintergrund und das Haus erfüllte eher die Funktion eines standesgemäßen Sitzes für den Landkomtur. Nach dem Bauernaufstand von 1525, bei dem die Kommende geplündert wurde, hörte die Versorgung Armer und Kranker im Deutschhaus überhaupt auf.

Porträt des Sterzinger Deutschordenskomturs Kaspar Mathäus Freiherr von Wolkenstein - Trostburg, 1622
(Foto Harald Kienzl)
Porträt des Sterzinger Deutschordenskomturs Kaspar Mathäus Freiherr von Wolkenstein

Im Haus war bis 1795 auch die Pfarrgeistlichkeit untergebracht, da dem Orden aufgrund der Inkorporation der Pfarrkirche für die Seelsorge der Stadt zu sorgen hatte. Dies erfolgte jedoch nicht zur Zufriedenheit der Bevölkerung und führte regelmäßig zu Spannungen zwischen der Stadt und der Kommende. Auch um die im Deutschhaus bestehende Lateinschule, um die unzulängliche Krankenpflege und nicht zuletzt um das Weinausschanksrecht des Ordens kam es häufig zu Streitigkeiten.

Das Hospiz und die damit verbundenen Güter blieben im Besitz des Deutschen Ordens, bis dieser im Jahre 1809 von Napoleon in den mit ihm verbündeten Staaten aufgelöst wurde. Das Gebäude wurde dann von der bayerischen Regierung an die Grafen von Thurn und Taxis übereignet, und zwar als Entschädigung für die Abtretung des Postregals in Tirol.

Im Jahre 1884 gelang es einer seit Jahrhunderten bestehenden wohltätigen Stiftung der Sterzinger Bürgerschaft, das Deutschordenshaus von Graf Ferdinand von Thurn und Taxis zu erwerben. Die Stiftung (heute Stiftung Deutschhaus) konnte das Haus somit wieder dem ursprünglichen Stiftungszweck als Spital und Altersheim zuführen und nahm darin ihre seit Jahrhunderten getätigte Fürsorge wieder auf. In den siebziger Jahren wurde ein neues Bezirkskrankenhaus in Sterzing errichtet. Am 14. Juli 1977 wurden 70 Patienten vom Deutschhaus in den Neubau verlegt.

Nach der Aussiedlung des Krankenhauses suchte man für das Deutschhaus eine neue Zweckbestimmung. Der bauliche Zustand des Gebäudes war sehr schlecht. Mitte der achtziger Jahre konnten die Räume in den Obergeschossen des Ostflügels renoviert werden, so dass es möglich war, diese Räume als Sitz des Multschermuseums und als Schulklassen für die Musikschule zu nutzen. Dank der großzügigen Finanzierung der Messerschmitt – Stiftung konnte auch der Innenraum der barocken Rundkirche St. Elisabeth einer vollständigen Restaurierung unterzogen werden. Die Räumlichkeiten des Süd- und des Westflügels befanden sich in den achtziger und den neunziger Jahren des 20. Jhd. in einem sehr prekären Zustand und wurden teilweise vorübergehend als Ausweichschulklassen, Vereinslokale oder Depot genutzt.

Die im Jahre 1997 eingesetzte neue Verwaltung der Stiftung erarbeitete ein umfangreiches und vollständiges Sanierungskonzept für das ganze Gebäude und veranlasste umfangreiche Renovierungsarbeiten. Nach deren Abschluss im Jahre 2006 wird nun das ganze Haus für verschiedene Zweckbestimmungen genutzt.